Die Versorgungslücke: Ein geteilter Kreis
Die hausärztliche Versorgung ist im Kreisgebiet extrem ungleich verteilt. Während der Norden noch ausreichend versorgt ist, klafft im Süden und Zentrum eine bedrohliche Lücke.
Hausärztlicher Versorgungsgrad nach Planungsbereich (April 2024)
Ein Wert unter 100% signalisiert eine drohende, unter 75% eine manifeste Unterversorgung. Quelle: KV Nordrhein.
Unbesetzte Hausarztsitze
allein in den Planungsbereichen Gummersbach, Waldbröl & Wipperfürth.
Unbesetzte Facharztsitze
für Kinderärzte, Hautärzte und Neurologen im gesamten Kreis.
Besonderer Bedarf: Eine überdurchschnittlich belastete Bevölkerung
Der Mangel an Ärzten trifft auf eine Bevölkerung, die im Landesvergleich ein signifikant höheres Risiko für schwere chronische Erkrankungen aufweist.
Herzinfarkt-Risiko
+23%höher als im NRW-Landesdurchschnitt.
Schlaganfall-Risiko
+18%höher als im NRW-Landesdurchschnitt (Spitzenwert).
Schwere COPD-Fälle
+18%mehr Patienten mit Sauerstofftherapie als im NRW-Schnitt.
Die Wurzeln der Krise: Demografie und ein Wandel der Werte
Eine überalterte Ärzteschaft und der Wunsch junger Mediziner nach einer besseren Work-Life-Balance sind die Haupttreiber des Nachfolgedilemmas.
Altersstruktur der Hausärzte
Durchschnittsalter: 58 Jahre
Praxisnachfolgen benötigt
in den nächsten 10 Jahren aufgrund von Pensionierungen.
Der Wandel der Karrierewünsche
FRÜHER
Selbstständigkeit
Einzelpraxis
60+ Stunden/Woche
HEUTE
Anstellung
Teamarbeit (MVZ)
Work-Life-Balance
Der Domino-Effekt: Folgen für Patienten und System
Der Mangel im ambulanten Sektor löst eine Kettenreaktion aus, die das gesamte Gesundheitssystem belastet und die Notfallversorgung gefährdet.
Praxisschließungen & Aufnahmestopps
Überlastung der verbleibenden Praxen
Längere Wartezeiten & Burnout-Gefahr
Patienten weichen aus
Kein zeitnaher Termin für akute, aber nicht lebensbedrohliche Fälle
Notaufnahmen & Notdienst werden überflutet
Fehlsteuerung bindet knappe Notfall-Ressourcen
Strategien gegen die Krise: Ein Bündel an Maßnahmen
Der Kreis und seine Partner haben eine proaktive Strategie entwickelt, um neue Versorgungsstrukturen zu schaffen und die nächste Ärztegeneration zu gewinnen.
Kommunale MVZ
Gründung und Beteiligung an Medizinischen Versorgungszentren (z.B. in Waldbröl & Nümbrecht) als attraktive Anstellungsmodelle in unterversorgten Gebieten.
Finanzielle Anreize
Bis zu 70.000 € Förderung durch die KV Nordrhein für Niederlassung oder Anstellung in Fördergebieten wie Gummersbach oder Waldbröl.
Stipendienprogramm
Bis zu 600 €/Monat für Medizinstudierende, die sich zur Facharztweiterbildung im Kreis verpflichten, um Nachwuchs langfristig zu binden.
Prognose 2033: Ein drohender Versorgungskollaps
Ohne konsequentes Handeln zeichnet der Hausärzteverband Oberberg ein dramatisches Zukunftsszenario.
Patienten ohne Hausarzt
Das entspricht fast einem Drittel der Bevölkerung des Kreises.
Die eingeleiteten Maßnahmen sind der richtige Weg. Ihr Erfolg entscheidet darüber, ob der Oberbergische Kreis zu einer Modellregion für ländliche Gesundheitsversorgung wird oder einen Systemkollaps erlebt.